Beitrag Oliver Böhm BIOspektrum – Wachstumsfinanzierungen in der Biotech-Industrie – Was Kapitalgebern wichtig ist

Die Kapitalaufnahme von deutschen Biotechnologieunternehmen hat mit über drei Milliarden Euro im Jahr 2020 einen neuen Höchststand erreicht und sich im Gegensatz zu 2019 mehr als verdoppelt. Rund 85 Prozent davon war Eigenkapital. Allerdings gingen rund drei Viertel des gesamten Kapitals an lediglich vier bereits etablierte Unternehmen – BioNTech, CureVac, Morphosys und Evotec – und nur 800 Mio. Euro wurden in ganz junge Unternehmen investiert und waren „echtes“ Risikokapital. Die Finanzierung von Innovationen und Wachstum im Biotechnologiebereich ist dementsprechend immer noch eine Herausforderung.

Professionelle und frühzeitige Vorbereitung
Dies liegt nicht zuletzt in der Natur der Sache. Die Entwicklung neuer Technologien ist ausgesprochen risikobehaftet: Sie kostet Zeit, ist kapitalintensiv und die Möglichkeiten beziehungsweise der Zeitpunkt der kommerziellen Nutzung sind lange Zeit nicht verlässlich prognostizierbar. Zudem gibt es, vor allem in Deutschland, immer noch zu wenige Investoren in dieser Branche, insbesondere solche, die in der Lage und willens sind, kapitalintensivere Phasen vor der Marktreife zu finanzieren. Grundsätzlich stehen als Kapitalgeber Venture Capital Fonds, spezialisierte Eigen- und Fremdkapitals sowie Banken zur Verfügung, je nach Entwicklungsstadium und Risikoprofil des Unternehmens. Um beim Einwerben von Wachstumskapital ihre Erfolgschancen zu erhöhen, können Biotechnologie-Unternehmen jedoch ihren Beitrag leisten. Es gilt nicht nur technisch zu brillieren und die Fachwelt zu überzeugen, sondern das Potenzial des Unternehmens schon früh in einer Art und Weise darzustellen, die Kapitalgeber verstehen.

Neben einer grundsätzlich verständlichen Darstellung der Technologie gilt es, auch schon in frühen Entwicklungsphasen ein klar umrissenes Geschäftsmodell mit eindeutigen Chancen zur Kommerzialisierung im Auge zu haben. Zudem sollte das Marktpotenzial schon früh abgeschätzt werden, denn je höher das Risiko ist, desto höher sind auch die Erwartungen an die potenziellen Marktchancen seitens der Kapitalgeber. Nicht zuletzt gilt es, all dies seriös und nachvollziehbar zu quantifizieren. Es empfiehlt sich dementsprechend, schon früh einen Business Plan sowie ein Finanzmodell zu erstellen und diese kontinuierlich zu pflegen. Dies ist eine gute Möglichkeit für Unternehmer, ihre eigenen Ziele zu überprüfen. Erfahrene Beiräte oder Berater können hier ein guter Sparringspartner sein. Schließlich ist es ratsam, schon früh den Austausch mit geeigneten Investoren zu suchen, um diese kennenzulernen und die eigenen unternehmerischen Ziele mit den Erwartungen des Kapitalmarkts abzugleichen, da derartige Prozesse durchaus neun bis zwölf Monate in Anspruch nehmen können.

Oliver Böhm, CRESCAT Advisory,
Frankfurt a.M.

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