Interview mit dem Industrie-Experten Dr. Gunther Voswinckel – Deutscher mittelständischer Anlagenbau – „Enabler“ für viele Schlüsselindustrien mit hohem Kapitalbedarf
Der mittelständische Anlagenbau ist oftmals industrieller „Umsetzer“ wesentlicher, zukunftsweisender Technologietrends wie zum Beispiel: Biologisierung der Industrie, Progressive Mess- und Prüftechnik, Zukunftswerkstoffe, Kreislaufwirtschaft 4.0, neuartige Energiekonzepte und ist außerdem starker Innovator für den Klimaschutz. Die Herausforderungen sind hierbei größer als je zuvor und neben den richtigen Human Ressourcen spielt auch eine ausreichende und flexible Kapitalversorgung eine zentrale Rolle.
CRESCAT Advisory hat sich darüber mit einem ausgewiesenen Industrie-Insider, Herrn Dr. Gunther Voswinckel unterhalten:
Herr Dr. Voswinckel wir lesen oft immer „nur“ von dem Maschinenbau und der Automobilindustrie oder neuerdings von der Pharmaindustrie. Wie wichtig ist der Anlagenbau für die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Mittelstands/der deutschen Industrie?
Der Anlagenbau als ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor leistet einen signifikanten Beitrag zur umweltschonenden und effizienzsteigernden Industrialisierung nicht nur hier in Europa, sondern auch in vielen anderen Regionen der Welt. Neue innovative Technologien und Verfahren eröffnen verbesserte ökologische und ökonomische Potentiale für die weltweite Industrie. Der intensive Wettbewerb der Anlagenbauer um die besten Lösungen ist hierbei ein wesentlicher Treiber. Europäische Anbieter nehmen in diesem Markt traditionell eine Spitzenposition hinsichtlich Qualität und Innovationskraft ein. In vielen Regionen Asiens sowie Süd- und Nordamerika werden heute technologisch beste europäische Anlagen betrieben, die Maßstäbe hinsichtlich Umweltschutzes und Wirtschaftlichkeit setzen und somit auch zu einem gesamtheitlichen Umdenken der lokalen Industrie führen.
Der Anlagenbau ist global aufgestellt mit entsprechenden Wettbewerbern. Können Unternehmen weiter ihre Standorte in Deutschland/Europa verteidigen?
Der Anlagenbau ist immer ein wesentlicher Vorreiter für die Globalisierung gewesen. Lokale Produktionen mit Service und Dienstleistungsangeboten waren im Anlagenbau sehr viel früher üblich als bei vielen anderen Industriezweigen. Kundennähe und lokale Beschäftigungsimpulse sind für den Anlagenbau seit langem ein wichtiger Erfolgsfaktor. Hier sind Märkte wie Asien sowie Nord- und Südamerika bereits seit Jahrzehnten als wesentliche Treiber zu nennen. Viele dieser Länder verfolgen eine Strategie des konsequenten Technologietransfers zum Nutzen und Aufbau der eigenen lokalen Industrie. Die Anforderungen hinsichtlich höchster Qualitätsstandards und technologischer Innovationskraft fördern allerdings auch das Wachstum der Anlagenbauer in ihren Stammhäusern hier in Europa. Die Anlagenbauer können ihre Innovationspotentiale meist nur wirklich effektiv durch Einsatz ihrer hoch qualifizieren Mitarbeiter in den europäischen Stammhäusern ausspielen.
Geben Sie uns bitte ein Beispiel, wie und wo auch ein Anlagenbauer innovativ sein muss?
Die Innovationskraft der Anlagenbauer konzentrierte sich in den letzten Jahren insbesondere auf die Steigerung des Kundennutzens. Lösungen zur Steigerung der Flexibilität, Wirtschaftlichkeit, Prozesskontrolle sowie Produktqualität und Qualitätsverfolgung bestimmen hier den Unternehmenserfolg. Enorme Fortschritte in der Anlagentechnik wurden durch Digitalisierung, Automatisierung, Industrie 4.0 – Konzepte sowie neue Energiekonzepte erreicht.
Diese enormen Innovationsschübe gelten eigentlich für alle industriellen Kunden der Anlagenbauer und sind Garant für ein nachhaltiges Erfolgskonzept. Es ist auch bemerkenswert, dass es den meisten Anlagenbauern weitgehend gelungen ist, durch ihre hohe Innovations-
kraft wesentliche Know-how Abflüsse, verursacht durch die intensive Globalisierung ihres Geschäftes, zu kompensieren.
Wie sieht es mit der Versorgung mit gut ausgebildeten Mitarbeitern und Kapital aus?
Die Anforderungen an die Mitarbeiter von Anlagenbauern werden, wie in vielen anderen Branchen auch, zunehmend anspruchsvoller. Anlagenkonzepte, mit höchsten Anforderungen hinsichtlich der Integration von Digitalisierungs- und Automatisierungslösungen mit industrietauglicher Mechanik sowie guter Bedienbarkeit stellen hohe Anforderungen an die Engineering Mitarbeiter von Anlagenbauern. Insbesondere unser deutsches Ausbildungssystem liefert hier exzellente Facharbeiter und Ingenieure. Die leider anhaltende Skepsis junger Menschen gegenüber den MINT Berufen ist in diesem Zusammenhang nicht hilfreich, obwohl gerade der Anlagenbau allen Berufsgruppen enorm interessante und internationale Betätigungsfelder ermöglichen kann.
Die Kapitalisierung von Anlagenbauern stellt sich zunehmend anspruchsvoller dar. Waren Anlagenbauer früher aufgrund der Zahlungsmodalitäten eher „cash rich“, so müssen heute viele Projekte zunächst vorfinanziert werden. Sofern staatliche Bürgschaften hierzu bereitstehen, lassen sich Finanzierungen durchaus darstellen. Sofern allerdings keine Bürgschaften vorliegen und Kreditlinien der Hausbanken eingesetzt werden müssen, stellen sich insbesondere bei den inzwischen hohen Finanzierungsvolumen deutliche Hürden für Projektfinanzierungen. Zunehmend kommen deshalb alternative Finanzierungsmodelle zur Anwendung.
Herr Dr. Voswinckel, wir bedanken uns für Ihre Einblicke in eine sehr interessante Industrie!
Herr Dr. Gunther Voswinckel hat über 25 Jahre internationale Erfahrung in den Industrien Maschinen- und Anlagenbau, Gießereien sowie Automotive.
Er war während dieser Zeit im Management bei der Mannesmann Gruppe, unter anderem als CEO von Meer, Demag Sack sowie Demag Italimpianti als auch danach bei der Otto Junker Gruppe dem Schöller Werk und der Maschinenfabrik Möllers Gruppe gesamtverantwortlich tätig. Er ist Mitglied mehrerer Industriebeiräte, Präsident der International Tube&Pipe Association und begleitet verschiedene Funktionen an der RWTH Aachen. Dr. Voswinckel ist Diplom-Ingenieur und -Wirtschaftsingenieur und promovierte an der RWTH Aachen.
www.vosco.net
CRESCAT Advisory unterstützt seine Mandanten bei der Erarbeitung maßgeschneiderter Finanzierungslösungen, begründet durch Wachstumsstrategien, Business-Transformationen, Umfinanzierungen oder Restrukturierungen. Darüber hinaus berät CRESCAT Advisory bei Nachfolgeregelungen sowie bei der Vorbereitung und Durchführung von Unternehmenskäufen und -verkäufen.
CRESCAT Advisory bietet mit drei Büros in Deutschland und Österreich Corporate Finance Beratung für mittelständische Unternehmen. Neben einem umfangreichen, internationalen Netzwerk von Kapitalgebern für alle Arten der Fremdkapitalfinanzierungen verfügt CRESCAT Advisory über ausgezeichnete Beziehungen und Zugänge zu verschiedenartigen Eigenkapitalinvestoren, wie zum Beispiel langfristig orientierte Private Equity Fonds und Family Offices.